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Stichwort
Lars von Trier
Rubrik: Im Kino - 14 Artikel
Im Kino 29.11.2018 […] wird, wie Jack als Junge ein Entenküken misshandelt - auch wenn das Aufstöhnen im Kinosaal nicht zu überhören war. All das ist wohlkalkulierte Provokation. Wirklich verstörend ist hingegen, dass Lars von Trier mit diesem Film vorerst seinen Platz unter jenen jammerlappigen männlichen Künstlerbiografien einnimmt, die ihr Verhältnis zur untergangsgeweihten Welt nur noch im Sinne einer hyperästhetisierten […] einwirft: Natürlich nicht! Und weil Kunstwille allein nicht strafmildernd ist, muss Jack nach fast zweieinhalb Stunden wie Dante an der Seite Vergils hinab in die Unterwelt. Dort allerdings fährt Lars von Trier ganz groß auf, entwirft schöne Abgründe aus Glut und schwarzem Stein wie von Gustave Doré oder William Blake gemalt. Jack wirkt plötzlich klein in diesem Orkus. Lars dagegen langt gewaltig zu und […] lässig von der Klippe stößt. So geht der letzte Herrenwitz des Narzissten: Ich bin mir selbst noch immer der würdigste Gegner.
Janis El-Bira
The House That Jack Built - Dänemark 2018 - Regie: Lars von Trier - Darsteller: Matt Dillon, Bruno Ganz, Uma Thurman, Siobhan Fallon Hogan, Sofie Gråbøl, Riley Keough - Laufzeit: 152 Minuten.
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Ein paar Sekunden lang ist der Pegidaanhänger allein im Bild […] Von
Janis El-Bira, Lukas Foerster
Im Kino 05.10.2011 […] vielleicht als Verkomplizierung, vielleicht auch nur als Beschmutzung dieser perfekten, allzu perfekten ersten Bilder kennzeichnet.
Angenehm low-key ist dann der hingekritzelte Titelschriftzug "Lars von Trier Melancholia" und auch die nächste Szene, in der Kirsten Dunst im Hochzeitskleid in einer endlosen weißen Limousine auf einem kurvigen, viel zu engen Feldweg stecken bleibt, scheint darauf angelegt […] Jahrzehnten gründlich abhanden gekommen ist, dass Referenzialität, Weltbezug und ein Programm vermutet werden, wo Zitat, Selbstbezug und Stil längst gesiegt haben.
Natürlich kann man sich fragen, was Lars von Trier, dem Boss of it All des spätironischen Arthauskinos, überhaupt noch für Optionen bleiben, wenn selbst seine eigene (Mit-)Erfindung Dogma nur noch als schlechter Witz taugt. Schlimmstenfalls scheint […] einzuziehen und so etwas verfügbar zu machen, das sich sonst, als Normalfall, der Wahrnehmung entzieht.
Nikolaus Perneczky
Melancholia - Dänemark / Schweden / Frankreich / Deutschland 2011 - Regie: Lars von Trier -Darsteller: Kirsten Dunst, Charlotte Gainsbourg, Kiefer Sutherland, John Hurt, Charlotte Rampling, Alexander Skarsgard - Länge: 136 min.
Tuesday, after Christmas - Rumänien 2010 - Originaltitel: […] Von
Lukas Foerster, Nikolaus Perneczky
Im Kino 14.10.2009 […] den Bildern, sie kann die Bilder kommentieren oder erläutern, sie kann sie verdoppeln, sie kann ihnen eine andere Sicht der Dinge entgegensetzen, sie kann Vexierspiele in Gang setzen, wie es bei Lars von Trier wieder und wieder geschieht. Sie kann aber auch die Stimme eines allwissenden, also literarisch-romanhaften Erzählers imitieren. Das ist es, was die Stimme aus dem Off in Michael Hanekes jüngstem […] wenig zusammenpassender Einfälle vollmüllt und deshalb gerne die irritierendsten Off-Stimmen (seine eigene etwa) auf den Zuschauer/Zuhörer loslässt, gehört bei Haneke alles immer an seinen Platz. Lars von Trier spielt gern Gott, aber er bleibt dabei drin und draußen zugleich, mischt sich ein, treibt Schabernack, ist als Gott noch ein Kobold. Haneke dagegen ist als Regisseur unglaublich autoritär. Noch […] Von
Ekkehard Knörer
Im Kino 09.09.2009 […] sein als diese Zweisamkeit.
Wir haben großes Glück gehabt. Wie man es, im tiefen Wald, in der Hütte, in Eden, auch wendet und dreht: Lars von Trier ist ganz aus dem Spiel. Nur noch Er und Sie. Wenn das nicht das Paradies ist: Ein Lars-von-Trier-Film ohne Lars von Trier. Kein "Boss of it All". Keine Stimme aus dem Off, keine sadistische Parallelmontage. Der reine Zweikampf. Aufs Blut, aufs Messer, aber: […] Seelenruhe montiert Lars von Trier dazu den Weg des Kindes in den Tod wie in Trance. Und damit, in der sadistischen Montage-Lust des Regisseurs, ist gleich im Prolog die bei von Trier alles bestimmende, nämlich die Macht-Frage gestellt.
Immer insistierend, immer bereit, zum Äußersten zu gehen, immer bereit auch, sich in Widersprüche und Unklarheiten zu verwickeln, fragt Lars von Trier wie in vielen Filmen […] Bettlern": vergessen. Was für ein Segen. Der Film selbst vergisst seinen Prolog und er vergisst, anders als zuletzt noch in "The Boss of it all", auch seinen Regisseur. (Nun gut: "Ich bin Sie", sagt Lars von Trier, in Interviews. "Ich verfilme meine eigene Depression." Aber das vergessen wir auch gleich wieder. Denn dann steckte er ja doch wieder drin, ganz tief drin, tiefer drin als in all seinen anderen […] Von
Thomas Groh, Ekkehard Knörer
Im Kino 14.01.2009 […] n entfernt bleibt, wie viele Volten es schlägt, wie wenig es vor der Gemeinheit zurückschreckt und auch vorm Sadismus!
Als Sadist, als der der alle Fäden zu Beginn in der Hand hat, inszeniert Lars von Trier sich am liebsten. Zum Beispiel in "The Five Obstructions", seinem möglicherweise sogar besten Film, in dem er dem Regisseurs-Kollegen Jorgen Leth fünf im Grunde fast unlösbare Regieaufgaben als […] unternehmen. Dass das per Alibi- und Lügen-Prokura nicht gutgehen kann, versteht sich beinahe von selbst.
Aber auch Kristoffer spielt nicht einfach so mit. Er leistet Widerstand, so wie es bei Lars von Trier immer vor allem auf den Widerstand ankommt. Den Widerstand, den er von außen ins Spiel bringt, als Hand oder Wort Gottes. Den Widerstand aber auch, den er ganz offensichtlich selbst braucht, um […] ebnen muss. Darum die Vervielfachung der Stimmen in vielen seiner neueren Filme, darum das Experimentieren mit dem Metafiktionalen, das Sprechen von der Seite, von oben, von draußen. Wir haben uns Lars von Trier als glücklichen Sisyphos vorzustellen, der sich mit aller Kraft und allem Einfallsreichtum, den er hat, immer wieder Steine selbst in den Weg legt.
Diesmal ist er auf die geniale Idee verfallen […] Von
Lukas Foerster, Ekkehard Knörer