Tagtigall

Andreas Altmann

Die Lyrikkolumne.
17.08.2019. Durch die Türen, durch die Fenster
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Vor einem guten Jahr ist der Gedichtband "Weg zwischen wechselnden Feldern" erschienen. Und wenn es nicht so furchtbar pathetisch klingen würde, könnte ich schreiben, dass mich die Arbeit an diesen Texten "poetisch ausgesaugt" hat. Nach über 30 Jahren Dichten die erste längere Schreibpause, ein natürlicher Prozess, die lyrische Vorratskammer aufgebraucht. Doch in den Jahrzehnten haben sich alle meine Sinne der Poesie verschrieben, jedes Geräusch und jedes Bild, jeder Gedanke, jedes Gefühl, jede Geste, alles geht durch die poetisch aufgeladenen Wahrnehmungsfilter, die am Ende immer den Worten die Gedichte schenken.



Keine Angst vor dem Verstummen. Was nach Zeit verlangt, holt sie sich. So wie die kleinen Seelen-Vögel, die ich bei eBay fand, und dort auch alte schmiedeeiserne Nägel ersteigerte. Die Poesie verschwindet nicht, sucht Wege ins Offene und so langsam wachsen aus den Augen, aus den Händen Gebilde, kleine Skulpturen, Häuser, "Fabelhäuser" oder später nennen sie sich "Häuser der schlafenden Gedichte", eins nach dem anderen. Und sie wollen ins Freie, wie die Gedichte, stehen in Frankreich, in Kalifornien, in Liechtenstein, in vielen Bundesländern. Und seit sie aus meinen Augen sind, kommen die Gedichte zurück, wollen durch die Türen, durch die Fenster, heraus und hinein. So wie es war, und doch anders.

Andreas Altmann