Alphonse Daudet

Jack

Sitten der Zeit
Cover: Jack
Die Andere Bibliothek, Berlin 2022
ISBN 9783847704553
Gebunden, 696 Seiten, 44,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Caroline Vollmann. Mit einem Nachwort von Alain Claude Sulzer. "Mit einem 'ck'! Der Name wird englisch geschrieben und ausgesprochen …" So beginnt im Dezember 1858 die dramatische Erzählung von einem Heranwachsenden, dessen Leben zu einer grausamen Odyssee gerät und die "Sitten der Zeit" anklagt. "J'accuse" - es war schließlich Émile Zola, der dem Freund Daudet die Grabrede hielt. Jack, die Hauptfigur, ist ein charmantes, liebenswürdiges und waches Kind, das den Vater nie kennengelernt hat und nicht seinen Namen trägt. Seine Mutter, Ida de Barancy, ist eine falsche Gräfin und eine echte Kokotte. Aus der Provinz nach Paris in ein Palais gezogen, wird sie reich ausgehalten von einem vornehmen "BonAmi". Jack, das "arme Kind", stört den Traum von Adel, Glück und Geld und erleidet trostlose Verlassenheit in einem Gymnasium, das eine Erziehung à la française für Kinder reicher Potentaten aus Afrika oder Asien anbietet. Verkannte Genies und gescheiterte Gestalten unterrichten hier. Unter ihnen der ruinierte Vicomte Amaury d'Argenton - ein pomadisierter Salonliterat, dessen "Credo der Liebe" die sentimentale Mutter von Jack während einer literarischen Soiree betört. Das Kind erfasst schnell, dass es seine Mutter verloren hat und in Paris zurückgelassen werden soll. Es ist der Beginn eines langen Leidensweges in einem kurzen Leben, zugrunde gerichtet von der tragischen Unbekümmertheit einer renommiersüchtigen Mutter und der sadistischen Boshaftigkeit eines "Stiefvaters".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.08.2023

Einer spannenden Wiederentdeckung der französischen Literatur widmet sich Rezensent Niklas Bender: Dieser Roman von Alphonse Daudet handelt von dem titelgebenden Protagonisten Jack, der sich als Kind einer etwas schwierigen Mutter Mitte des 19. Jahrhunderts in Paris durchschlägt, mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg. Die drei Teile, die der Roman unterscheidet, zeigen die Entwicklung Jacks zunächst als Schuljunge: Hier lernt seine Mutter seinen Lehrer d'Argenton kennen, mit dem sie eine Beziehung eingeht, der ihren Sohn aber auf dem Kieker hat und im zweiten Teil trotz seiner zarten Konstitution zur Metallarbeit in einer Fabrik zwingt. Das laugt ihn völlig aus, erzählt Bender, in der Zeit der Genesung trifft der jetzt jungen Mann seine Jugendliebe wieder, doch auch diese Beziehung wird durch den Stiefvater zerstört, letztlich bringt die körperliche Arbeit Jack in ein frühes Grab. Ausführlich referiert der Kritiker Passagen aus dem Roman, die gründliche Menschenkenntnis zeigen, aber auch gelegentlich zu Überspitzungen und (für die Entstehungszeit vielleicht üblichen) rassistischen Prägungen neigen, wie er festhält. Ein trotz einiger Übersetzungsfehler "bemerkenswerter" Roman über das Proletariat, wozu auch Daudets "soziologisch präziser Blick" beiträgt, versichert Bender.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 09.03.2023

Rezensentin Katharina Teutsch ist bezaubert von Alphonse Daudets Satire "Jack" aus dem Jahre 1875, die nun erstmals auf Deutsch erschienen ist. Erzählt wird die Lebensgeschichte des titelgebenden Jungen, der im Paris des 19. Jahrhunderts von vornherein schlechte Chancen hat. Im Internat, in dem Jack untergebracht ist, weil seine Mutter, die sich in Paris von einem reichen Mann aushalten lässt, ihn nicht recht haben will, wird er vom narzisstischen Lehrer Amaury d'Argenton psychisch und körperlich gequält, berichtet die Rezensentin. Ihr fällt dabei die Schilderung des "spektakulär verkorksten Lehrpersonals" besonders auf. Typisch für den französischen Realismus ist die dargestellte Welt düster, in "hässlicher Unförmigkeit" geschildert. Teutsch schätzt dabei die "pulsierende" Übersetzung von Caroline Vollmann. Dennoch, so die Rezensentin, es gibt etwas, dass Daudet von anderen großen Realisten wie Charles Dickens unterscheidet: Auch wenn Jacks Leben alles andere als glücklich verläuft und auch seine große Liebe zu Cécile tragisch endet, schlägt der Autor am Ende versöhnliche Töne an, als sich an Jacks Totenbett seine Mutter und sein bester Freund einfinden.