Rivka Galchen

Jeder weiß, dass deine Mutter eine Hexe ist

Roman
Cover: Jeder weiß, dass deine Mutter eine Hexe ist
Rowohlt Verlag, Hamburg 2024
ISBN 9783498025304
Gebunden, 320 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Grete Osterwald. Rivka Galchen erzählt von dem historisch belegten Hexenprozess (1615-21) gegen die Mutter des Astronomen Johannes Kepler. Der Protestant Kepler mit den gewagten Thesen seines heliozentrischen Weltbildes ist bei den württembergischen Herrschern nicht sonderlich beliebt und muss ins Exil. In der Zwischenzeit hält man sich in Leonberg an seiner Mutter Katharina schadlos. Galchen schreibt aus Sicht "Kätherlin" Keplers, der Sicht einer unabhängig denkenden, im besten Sinne "eigenwilligen" Frau, und stellt sich und uns die Frage, wie wirkmächtig selbstständig handelnde Frauen in der Historie waren. In Galchens neuem Roman prallen Welten aufeinander, politisch, religiös und gesellschaftlich, an einem historischen Wendepunkt vor dem Dreißigjährigen Krieg, Pest und einsetzender Renaissance.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 01.06.2024

Rezensentin Julia Voss findet toll, wie Rivka Galchen ein so fern scheinendes Thema -Hexenverfolgung im 17. Jahrhundert - einem heutigen Lesepublikum zugänglich macht. Aus der Ich-Perspektive von Katharina Kepler, der Mutter des berühmten Astronomen Johannes Kepler, erzählt Galchen von deren Anklage als Hexe und ihrer Widersetzung. Dabei gelinge der Autorin das Kunststück, die Geschichte historisch authentisch zu situieren, in Leonberg bei Stuttgart im Jahr 1615, in dem angesichts der großen Kälte - später als kleine Eiszeit bezeichnet - abergläubische Wünsche, Schwüre und Rituale nur zunehmen. Trotzdem aber wirke diese Welt nicht völlig fremd, sondern entfalte Sinn als eine von Misstrauen geprägte Gesellschaft, die Parallelen zu unserer Zeit aufweist: die Obsession einer Figur mit Flugblättern etwa erinnert Voss an die sozialen Medien. Ein mutiges, von Grete Osterwald "behutsam" ins Deutsche übertragene Buch, das lange im Kopf bleibt, schließt Voss.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 16.05.2024

Zeit-Literaturchef Adam Soboczynski reist eigens nach New York, um mit der Schriftstellerin Rivka Galchen in einer viel zu lauten mexikanischen Burger-Bar über ihren ersten historischen Roman zu plaudern. Der wiederum spielt im württembergischen Leonberg, im Jahr 1615, als Johannes Keplers Mutter Katharina in Folge eines langen Hexenprozesses für vierzehn Monate eingesperrt wurde. Aus dem Gespräch mit Galchen erfahren wir so wenig wie über das Buch, das Soboczynski allerdings mit hymnischen Worten anpreist: Ähnlich wie Kehlmann oder Grass gelinge es der Autorin das 17. Jahrhundert authentisch darzustellen, nichts wirkt dabei konstruiert, versichert der Rezensent. Vielmehr sei Galchen ein "multiperspektivisches Kammerstück" geglückt, in dem nicht nur Zeitzeugen zu Wort kommen und Verhöre wiedergegeben werden, sondern auch Analogien zur Gegenwart deutlich werden: Den Glauben an Verschwörungstheorien und Fake-News kann die Autorin dem Rezensenten als überzeitliches menschliches Bedürfnis vermitteln. Und dass der Roman zudem noch ebenso gut unterhält wie berührt, macht ihn für Soboczynski besonders lesenswert.